Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats vom 26. März 2025
- 2 BvR 1505/20 -
Solidaritätszuschlag 2020/2021
Die Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG setzt einen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraus, der nach der vom Bundesverfassungsgericht nur beschränkt überprüfbaren Einschätzung des Gesetzgebers durch die Erfüllung einer vom Bund angeführten bestimmten Aufgabe voraussichtlich entstehen wird und zu dessen Deckung die Erhebung der Ergänzungsabgabe notwendig erscheint (aufgabenbezogener Mehrbedarf).
Ein evidenter Wegfall des einer Ergänzungsabgabe zugrunde gelegten finanziellen Mehrbedarfs begründet eine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Abgabe aufzuheben oder die Voraussetzungen für ihre Erhebung anzupassen.
Die Erhebung der Ergänzungsabgabe ist von Verfassungs wegen weder von vornherein zu befristen noch auf Notlagen beschränkt.
Die Ergänzungsabgabe ist nicht als subsidiäres Finanzierungsinstrument ausgestaltet, das gegenüber dem nach Art. 106 Abs. 3 GG gemeinschaftlich dem Bund und den Ländern zustehenden Aufkommen aus den Gemeinschaftsteuern (insbesondere der Einkommen- und Körperschaftsteuer) oder aus anderen in Art. 106 Abs. 1 GG aufgeführten Bundessteuern nachrangig ist.
Bei einer an die Einkommensteuer angelehnten Ergänzungsabgabe kann die Steuererhebung mit einer sozialen Staffelung versehen werden, um dadurch der Verteilung der zusätzlichen Steuerlast nach der Leistungsfähigkeit in besonderem Maße Rechnung zu tragen.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Verkündet am 26. März 2025 Fischböck Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
- 2 BvR 1505/20 -
Solidaritätszuschlag 2020/2021
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. des Herrn Dr. (…),
2. der Frau (…),
3. des Herrn (…),
4. des Herrn (…),
5. des Herrn (…),
6. der Frau (…),
- Bevollmächtigte: (...) -
gegen
das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2115)
und Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsidentin König,
Maidowski,
Langenfeld,
Wallrabenstein,
Fetzer,
Offenloch,
Frank,
Wöckel
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2024 durch
Urteil
für Recht erkannt:
1. Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Erstattung notwendiger Auslagen wird abgelehnt.
G r ü n d e :
A.
1
Die Verfassungsbeschwerde der sechs Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer richtet sich gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2115).
I.
2
1. Der – auch heute noch erhobene – Solidaritätszuschlag wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1995 durch Art. 31 des Gesetzes über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte vom 23. Juni 1993 (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG, BGBl I S. 944 ) eingeführt. Er wird nach § 1 Abs. 1 SolZG 1995 als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG erhoben. Seit dem Jahr 2021 werden nur noch bestimmte Gruppen der Einkommensteuerpflichtigen und nach wie vor alle Körperschaftsteuersubjekte mit dem Solidaritätszuschlag belastet. Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind im Falle der Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer grundsätzlich die berechnete Einkommensteuer oder die festgesetzte Körperschaftsteuer (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SolZG 1995) beziehungsweise die zu entrichtenden Vorauszahlungen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 SolZG 1995). Wird die Einkommensteuer in Form der Lohnsteuer erhoben, ist für die Bemessung des Solidaritätszuschlags grundsätzlich diese maßgebend (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a SolZG 1995). Im Falle des Kapitalertragsteuerabzugs (§§ 43 ff. des Einkommensteuergesetzes - EStG) bemisst sich der Solidaritätszuschlag nach der entsprechenden Kapitalertragsteuer (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG 1995). Dabei gilt die hierfür grundsätzlich angeordnete Abgeltungswirkung (vgl. § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG, § 31 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG), also die Nichtberücksichtigung entsprechender Kapitalerträge bei der Steuerveranlagung, auch für den Solidaritätszuschlag (vgl. § 1 Abs. 3 SolZG 1995). Im Übrigen lehnen sich Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags an die entsprechenden Vorschriften des Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuergesetzes an (vgl. § 1 Abs. 2 bis 4 SolZG 1995).
3
2. Der Zuschlagsatz zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer betrug gemäß § 4 Satz 1 SolZG 1995 ursprünglich 7,5 Prozent der jeweiligen Bemessungsgrundlage. Mit Gesetz zur Senkung des Solidaritätszuschlags vom 21. November 1997 (BGBl I S. 2743 ) wurde die Höhe des Zuschlagsatzes mit Wirkung ab dem Jahr 1998 auf 5,5 Prozent herabgesetzt, der seither gilt.
4
3. Abgabepflichtig sind nach § 2 SolZG 1995 zunächst natürliche Personen, die nach § 1 EStG einkommensteuerpflichtig oder nach § 2 des Außensteuergesetzes (AStG) erweitert beschränkt steuerpflichtig sind. Weiter wird der Solidaritätszuschlag von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen erhoben, die nach § 1 oder § 2 KStG körperschaftsteuerpflichtig sind. In § 3 Abs. 3 bis 5 SolZG 1995 sind im Bereich der Einkommensteuer Freigrenzen vorgesehen. Überschreitet die Bemessungsgrundlage diese Freigrenzen nicht, fällt ein Solidaritätszuschlag nicht an.
5
4. Durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2115) wurden die Freigrenzen mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 deutlich angehoben. Ab diesem Zeitraum beliefen sich die (zwischenzeitlich wiederholt angehobenen) Freigrenzen auf zunächst grundsätzlich 16.956 Euro Einkommensteuer im Jahr für Einzelveranlagte beziehungsweise auf 33.912 Euro Einkommensteuer jährlich im Fall der Zusammenveranlagung. Diese Freigrenzen finden jedoch nicht für alle in § 3 Abs. 1 SolZG 1995 geregelten Bemessungsgrundlagen Anwendung. Vielmehr gelten sie nur für die Fälle der Veranlagung einkommensteuerpflichtiger Personen einschließlich der Auferlegung von Vorauszahlungen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 3 Satz 1 SolZG 1995) sowie für den Anwendungsbereich der Lohnsteuer (vgl. § 3 Abs. 4 bis 5 SolZG 1995). Für Körperschaftsteuersubjekte und dem Grundsatz nach auch für Bezieher privater Kapitaleinkünfte sind die Freigrenzen dagegen nicht anwendbar. Nach der Einschätzung der Bundesregierung im Gesetzentwurf vom 16. Oktober 2019 (vgl. BTDrucks 19/14103, S. 2) werden durch die Anhebung der Freigrenzen ab dem Veranlagungszeitraum 2021 rund 90 Prozent der Zahler von Lohnsteuer und veranlagter Einkommensteuer vollständig von der Entrichtung des Solidaritätszuschlags entlastet.
6
5. Auch der Zuschlagsatz von 5,5 Prozent der Bemessungsgrundlage gilt nicht für alle einkommensteuerpflichtigen Personen. Bereits § 4 Satz 2 SolZG 1995 in seiner ursprünglichen Fassung sah vor, dass bei einer Überschreitung der Freigrenzen nach § 3 Abs. 3, 4 und 5 SolZG 1995 nicht stets der Höchstzuschlagsatz zu entrichten war. Nach der aktuellen Fassung des § 4 Satz 2 SolZG 1995 beträgt der Solidaritätszuschlag grundsätzlich nicht mehr als 11,9 Prozent (in früheren Fassungen: 20 Prozent) des Unterschiedsbetrags zwischen der jeweiligen Bemessungsgrundlage und der maßgeblichen Freigrenze. Damit wird die sogenannte Milderungs- beziehungsweise Gleitzone zwischen den Freigrenzen und dem Höchstzuschlagsatz von 5,5 Prozent mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 (vgl. § 6 Abs. 21 SolZG 1995) erheblich ausgeweitet. Konkret stieg im Veranlagungszeitraum 2021 der Solidaritätszuschlagsatz bei Einzelveranlagten ab einer Einkommensteuer von 16.956 Euro (Freigrenze) kontinuierlich an, um bei 31.528 Euro Einkommensteuer die vollen 5,5 Prozent zu erreichen. Bei einer Zusammenveranlagung erstreckte sich in diesem Veranlagungszeitraum die Gleitzone von 33.912 Euro bis 63.056 Euro Einkommensteuer.
7
6. Die Einführung des Solidaritätszuschlags durch das FKPG vom 23. Juni 1993 war Teil eines umfangreichen Gesetzespakets. Zugleich wurden hierdurch die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu geordnet (sog. Solidarpakt I). Insbesondere wurden ein neues Finanzausgleichsgesetz (FAG) und ein Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost erlassen (Art. 33, 35 FKPG; BGBl I S. 944 ), in denen umfangreiche Finanzhilfen für die neuen Länder beziehungsweise deren Gemeinden vorgesehen waren. Durch das Gesetz zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Solidarpaktfortführungsgesetz - SFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3955) wurde der Solidarpakt für den Zeitraum 2005 bis einschließlich 2019 verlängert (sog. Solidarpakt II). Ziel war der Abbau der teilungsbedingten Sonderlasten der ostdeutschen Länder innerhalb einer Generation (vgl. BTDrucks 14/6577, S. 2; BRDrucks 485/01 , S. 2).
II.
8
1. Die sechs Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind Mitglieder der Freien Demokratischen Partei (FDP) und waren im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde zugleich Mitglieder des Deutschen Bundestages. In dieser Eigenschaft erhielten sie Entschädigungen und Amtszulagen nach dem Abgeordnetengesetz, die nach § 22 Nr. 4 Satz 1 EStG als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen. Dementsprechend waren die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nach § 2 Nr. 1 SolZG 1995 abgabepflichtig für den Solidaritätszuschlag. Sie erhielten jeweils Vorauszahlungsbescheide für den Solidaritätszuschlag (vgl. § 1 Abs. 4 SolZG 1995) betreffend den Veranlagungszeitraum 2020 und die folgenden Veranlagungszeiträume. Dabei wurden die ab dem Veranlagungszeitraum 2021 wirksamen Änderungen durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 lediglich bei den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern zu 2., zu 3., zu 5. und zu 6. bereits berücksichtigt, nicht dagegen bei den Beschwerdeführern zu 1. und zu 4.
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2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde greifen die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer unmittelbar das SolZG 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2115) an. Sie wenden sich einerseits im Hinblick auf den Veranlagungszeitraum 2020 gegen die unveränderte Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht und andererseits ab dem Veranlagungszeitraum 2021 gegen den nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlags. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer rügen, das angegriffene Gesetz verletze sie in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Außerdem verstoße die darin angeordnete Fortführung des SolZG 1995 über das Jahr 2019 hinaus gegen Art. 6 Abs. 1 GG sowie das Gebot horizontaler Steuergerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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a) Das SolZG 1995 in der angegriffenen Fassung verletze die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer in ihrer Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG und damit zugleich in ihrer durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit.
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aa) Die Belastung mit dem Solidaritätszuschlag falle in den Schutzbereich der eigentumsrechtlichen Gewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG, da die Abgabenpflicht an den Erwerb vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfe. Die einkommensteuerpflichtigen Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer müssten den Solidaritätszuschlag zahlen, weil und soweit ihre Leistungsfähigkeit durch den Erwerb von Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinne erhöht sei. Das SolZG 1995 in der angegriffenen Fassung lege generell und abstrakt deren Pflichten fest und müsse als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG beziehungsweise als ein in die allgemeine Handlungsfreiheit eingreifendes Gesetz sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Diesen Anforderungen werde das angegriffene Gesetz nicht gerecht.
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bb) Das SolZG 1995 sei ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr mit den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen der Art. 105 ff. GG vereinbar. Der Bund habe mit dem „Dauer-Solidaritätszuschlag“ einseitig das verfassungsrechtliche Steuerverteilungssystem durch einfaches Gesetz geändert. In kompetenzrechtlicher Hinsicht sei hierdurch das Zustimmungsbedürfnis des Bundesrats zur Änderung der Einkommen- und Körperschaftsteuertarife (Art. 105 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 106 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG) ausgehebelt worden. Zudem müsse – was ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr gewährleistet sei – der Solidaritätszuschlag die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Steuertypus der Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG fortwährend einhalten. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes bilde eine in sich geschlossene Rahmen- und Verfahrensordnung und sei auf Formenklarheit und Formenbindung ausgelegt. Der strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern komme eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu. Über ihre Ordnungsfunktion hinaus entfalte die Finanzverfassung eine Schutz- und Begrenzungsfunktion, die es dem einfachen Gesetzgeber untersage, die ihm gesetzten Grenzen zu überschreiten. Dieser Schutz beziehe sich auch und vor allem auf das Vertrauen der Bürger, nur in dem durch die Finanzverfassung vorgegebenen Rahmen belastet zu werden.
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(1) Für die im Wege der Auslegung zu ermittelnden verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Vorstellungen maßgeblich, die der verfassungsändernde Gesetzgeber erkennbar mit dem Charakter einer Ergänzungsabgabe verbunden habe. Daraus ergebe sich, dass eine verfassungsgemäße Erhebung einer Ergänzungsabgabe eine sachliche Begründung in Form eines zusätzlichen Finanzbedarfs des Bundes erfordere und zudem eine zeitliche Begrenzung durch den Wegfall des sachlichen Grundes erfahre. Die Zulässigkeit einer Ergänzungsabgabe beschränke sich damit auf einen temporären besonderen Finanzbedarf des Bundes für einen spezifischen Zweck. Ein allgemeiner Finanzierungsbedarf des Bundes reiche nicht aus. Denn nach der Vorstellung des verfassungsändernden Gesetzgebers habe die Ergänzungsabgabe den Zweck, anderweitig nicht auszugleichende Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt zu decken. In der amtlichen Begründung zum parallel eingebrachten Entwurf eines Ergänzungsabgabengesetzes sei ebenfalls davon die Rede gewesen, dass dem Bundesgesetzgeber ermöglicht werden solle, ohne eine Änderung der Steuersätze Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt zu decken, die auf anderem Wege, insbesondere durch Senkung von Ausgaben, nicht ausgeglichen werden könnten. Auf diese Weise trage die Abgabe, deren Erhebung keineswegs auf Dauer, sondern lediglich für Ausnahmelagen bestimmt sei, wesentlich zur inneren Festigung der bundesstaatlichen Finanzstruktur bei.
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(2) Das Erfordernis eines sachlichen Grundes in Form eines zusätzlichen Finanzbedarfs des Bundes finde seine Begründung auch im systematischen Normenkontext des Finanzverfassungsrechts, insbesondere im bundesstaatlichen Verteilungsgefüge der Steuereinnahmen. Der Ordnungsrahmen des Art. 106 GG sehe hinsichtlich der Ertragshoheit vor, dass das Aufkommen bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer als sogenannte Gemeinschaftsteuern dem Bund und den Ländern je zur Hälfte zustehe (Art. 106 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG). Demgegenüber gebühre das Aufkommen aus der Ergänzungsabgabe allein dem Bund. Die Einführung einer Ergänzungsabgabe führe damit zu einer Verschiebung der Aufkommensverteilung zugunsten des Bundes. Könnte der Bund die Ergänzungsabgabe (zeitlich) unbeschränkt erheben, stünde ihm die Möglichkeit offen, einseitig das verfassungsrechtliche Steuerverteilungssystem durch einfaches Gesetz zu ändern. Vor diesem Hintergrund komme der Ergänzungsabgabe im finanzverfassungsrechtlichen System ein Ausnahmecharakter zu.
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(3) Die zeitliche Begrenzung der Ergänzungsabgabe folge daraus, dass sie aufgrund ihrer Stellung im finanzverfassungsrechtlichen Gesamtsystem der fortdauernden inhaltlichen Rechtfertigung bedürfe. Die zeitliche Begrenzung entspreche der Zweckkausalität der Ergänzungsabgabe, die einen temporären aufgabenbezogenen Mehrbedarf des Bundes finanzieren solle und kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung darstelle. Hierin unterscheide sich die Ergänzungsabgabe von den auf Dauer angelegten Steuern. Eine ursprünglich verfassungskonform eingeführte Ergänzungsabgabe könne daher mit Zeitablauf verfassungswidrig werden, wenn der beschriebene Sonderbedarf dauerhaft wegfalle. Wenngleich es nicht erforderlich sei, eine Ergänzungsabgabe von vornherein zu befristen, sei sie doch dann aufzuheben, wenn die Voraussetzungen ihrer Erhebung entfielen, also kein zusätzlicher Finanzbedarf des Bundes für den spezifischen Zweck mehr festzustellen sei. Gehe ein ursprünglich konkret gesteigerter Mittelbedarf des Bundes über die Zeiten in einer allgemeinen Finanzlücke auf, verlangten die Ordnung der Ertragskompetenzen und das Gleichgewicht des bundesstaatlichen Finanzausgleichs die Inanspruchnahme der strukturell nachhaltigen, regulären Instrumente des bundesstaatlichen Finanzrechts, um die Lücke zu schließen.
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(4) Gemessen an diesen Maßstäben sei das SolZG 1995 mit dem Auslaufen des Solidarpakts II zum 31. Dezember 2019 verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen. Die finanzpolitische und finanzverfassungsrechtliche Sonderlage einer besonderen Aufbauhilfe zugunsten der neuen Länder müsse als beendet betrachtet werden.
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(a) Der Solidaritätszuschlag sei bei seiner Einführung mit notwendigen finanziellen Anstrengungen für den Aufbau der neuen Länder begründet worden, die nach der damaligen Finanzlage des Bundes aus dem normalen Steueraufkommen nicht finanzierbar gewesen seien. Der Aufbau der neuen Länder habe sich finanziell vor allem in den Leistungen des Bundes auf Grundlage der Solidarpakte I und II manifestiert. Zwischen dem Solidaritätszuschlag und den Solidarpakten I und II bestehe damit unstreitig eine Verbindung, weil die Legitimation der Einführung des streitgegenständlichen Solidaritätszuschlags ausschließlich in dem zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes im Rahmen der Wiedervereinigung gelegen habe. Der Solidarpakt II sei jedoch Ende des Jahres 2019 ausgelaufen und durch einen neuen Finanzausgleich ersetzt worden, der ab dem Jahr 2020 keine Sonderbedarfe für die neuen Länder mehr ausweise, sondern eine finanzverfassungsrechtliche Normallage abbilde. Ein besonderer Finanzbedarf zur Abdeckung weiterer wiedervereinigungsbedingter Ausgaben sei folgerichtig im Bundeshaushalt nicht mehr ausgewiesen. Somit entfalle der spezifische Mittelbedarf für die Aufgabe „Finanzierung des Aufbaus Ost“ mit der Folge, dass sich die Erhebung des Solidaritätszuschlags ab dem 1. Januar 2020 als verfassungswidriges „Dauerfinanzierungsinstrument“ darstelle. Trotz eines an sich bestehenden Beurteilungs- und Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers sei aufgrund der evident zutage getretenen Änderung der Verhältnisse mit dem Auslaufen des Solidarpakts II die Rechtfertigung für den Solidaritätszuschlag ab dem 1. Januar 2020 entfallen.
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(b) Im Übrigen liege auch keine verfassungsrechtlich zulässige Umwidmung des Solidaritätszuschlags für andere Haushaltszwecke als die Finanzierung der Wiedervereinigung Deutschlands vor. Eine explizite Umwidmung sei durch den Gesetzgeber nicht erfolgt. Eine implizite Umwidmung, insbesondere zur Bewältigung der finanziellen Lasten der Corona-Pandemie, sei verfassungsrechtlich unzulässig, da diese finanziellen Lasten Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen träfen.
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b) Zudem missachte das SolZG 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 zulasten der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein vernünftiger, aus der Sache oder sonst sachlich einleuchtender Grund dafür, dass ein Teil der bisher abgabepflichtigen Personen den Solidaritätszuschlag weiterhin entrichten müsse, während ein anderer Teil hiervon befreit werde, sei nicht ersichtlich. Von einem solidarischen finanziellen Opfer aller Bevölkerungsgruppen, das der Gesetzgeber bei Einführung des SolZG 1995 vor Augen gehabt habe, könne nicht mehr die Rede sein.
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aa) Es lägen in zweifacher Hinsicht Ungleichbehandlungen vor. Durch die selektive Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2021 erfolge innerhalb der Gruppe aller nach dem Einkommensteuergesetz abgabepflichtigen Personen eine ungleiche Belastung einer sehr geringen Personenzahl. Nur noch etwa 900.000 Personen seien in voller Höhe mit dem Solidaritätszuschlag belastet. Schätzungsweise rund 33,7 Millionen einkommensteuerpflichtige Personen müssten keinen Solidaritätszuschlag mehr leisten und schätzungsweise weitere rund 2,8 Millionen Einkommensteuerpflichtige hätten nur noch einen gedeckelten Zuschlag zu entrichten. Weiter bestehe eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Pflicht zur Zahlung des Solidaritätszuschlags auf die Kapitalertragsteuer. Die Freigrenzen fänden bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer keine Anwendung. Steuerpflichtige könnten in solchen Fällen zwar nach § 32d Abs. 6 EStG eine sogenannte Günstigerprüfung veranlassen, die jedoch nur dann zur Anwendung des progressiven Einkommensteuertarifs nebst den Freigrenzen des SolZG 1995 führe, wenn die daraus resultierende Gesamtsteuerbelastung aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag geringer ausfalle als die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich des ungemilderten Solidaritätszuschlagsatzes.
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bb) Die aufgezeigten Ungleichbehandlungen seien verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
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(1) Hinsichtlich der unterschiedlichen (sozialen) Staffelung des Zuschlags sei bereits das verwendete Instrument der Freigrenze ungeeignet. Im Gegensatz zu Freibeträgen bewirkten Freigrenzen, die durch einen sogenannten Fallbeileffekt gekennzeichnet seien und zudem den überwiegenden Teil der einkommensteuerpflichtigen Personen von der Abgabepflicht ausnähmen, willkürliche Progressionsverschärfungen und Progressionssprünge für diejenigen einkommensteuerpflichtigen Personen, deren Einkommensteuer über den Freigrenzen liege. Die Gleitzone vermöge den beschriebenen Effekt zwar abzumildern, könne jedoch den gleichheitswidrigen Rückgriff auf derart hohe Freigrenzen wie im Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vorgesehen nicht rechtfertigen. Der Gesetzgeber könne sich auch nicht darauf berufen, dass durch die Regelung eines Freibetrags ein erheblicher Verwaltungsmehraufwand entstünde, da ein solcher tatsächlich nicht gegeben sei.
23
Weiter habe der Gesetzgeber keine sachgemäße Begründung für die Ungleichbehandlung angeführt. Die in den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 19/14103, S. 1 f.) angestellten sozialpolitischen Erwägungen mit Lenkungszweck seien im Hinblick auf den Charakter des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe sachfremd und könnten einen steuerlichen Progressionsknick in dieser ausgeprägten Form nicht rechtfertigen. Soweit das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGE 32, 333 die soziale Staffelung einer Ergänzungsabgabe gebilligt habe, sei die damals zugrundeliegende Ausgangssituation eine andere gewesen als beim vorliegend angegriffenen Gesetz. Die im Gesetz vom 21. Dezember 1967 vorgesehene Ergänzungsabgabe sei bereits mit der sozialen Zielsetzung eingeführt worden, ungleiche Steuerbelastungen auszugleichen, die sich durch eine Erhöhung der Umsatzsteuer ergeben hätten. Grundsätzlich verschieden dazu sei jedoch der Grund für die Einführung des Solidaritätszuschlags 1995. Dieser habe dazu gedient, einen konkreten Finanzbedarf des Bundes zu decken. Ein solcher Finanzierungszweck trage eine soziale Staffelung nicht. Im Übrigen habe eine steuerliche Umverteilung grundsätzlich über das Instrument der Einkommensteuer zu erfolgen. Werde mit Blick auf sozialpolitische Aspekte eine Ent- oder Belastung bestimmter Einkommensgruppen angestrebt, müsse dies durch einen offenen und gleichheitsgerechten veränderten Tarifverlauf der Einkommensteuer geschehen und nicht durch Erhebung einer Ergänzungsabgabe.
24
(2) Auch die Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Behandlung der Kapitalerträge lasse sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen, insbesondere nicht durch die Möglichkeit der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Vielmehr werde der Solidaritätszuschlag auf Kapitalerträge grundsätzlich unverändert erhoben. Ferner seien sowohl die Lohnsteuer als auch die Kapitalertragsteuer in ihrer Erhebungsform als Abgeltungsteuer Abzugsteuern, so dass eine Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen sei.
25
c) Überdies verstoße das SolZG 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 gegen das „Gebot horizontaler Steuergerechtigkeit“ aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
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aa) Ein Verstoß gegen das „Gebot horizontaler Steuergerechtigkeit“ liege darin begründet, dass durch die Erhöhung der Freigrenzen Ehepaare als Wirtschaftsgemeinschaft mit identischer gemeinsamer Leistungsfähigkeit, aber verschiedenen individuellen Beiträgen zu den gemeinsamen Einkünften unterschiedlich besteuert würden. In bestimmten Einkommensregionen führe die Anhebung der Freigrenzen dazu, dass für Ehepaare ein steuerlicher Anreiz entstehe, eine getrennte Veranlagung statt einer gemeinsamen Veranlagung zu wählen, um so eine Minderbelastung von bis zu rund 900 Euro jährlich zu erreichen. Je höher der Anteil des Haupteinkommensbeziehers am gemeinsamen Einkommen sei, desto größere Einsparungen könnten hinsichtlich des Solidaritätszuschlags im Falle einer getrennten Veranlagung erzielt werden, so dass Ehepartner mit ungleicher Einkommensverteilung bei der Höhe des Solidaritätszuschlags bevorzugt würden. Dagegen könnten Ehegatten mit paritätischer Einkommensaufteilung keine Minderbelastung bei getrennter Veranlagung erreichen. Gründe, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.
27
bb) Entgegen den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 6 Abs. 1 GG sei die gesetzliche Neufassung auch geeignet, in die freie Entscheidung der Ehepartner über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen. Denn durch die beschriebenen steuerlichen Vorteile gebe das angegriffene Gesetz Anreize, die Aufgabenverteilung in Richtung eines Zuverdienermodells beziehungsweise einer Hauptverdienerehe auszugestalten. Es sei mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, Ehen mit eigenen Einkünften beider Ehepartner ohne besondere stichhaltige Gründe günstiger zu besteuern als Ehen, in denen ein Ehepartner die gesamten Einkünfte beziehe, der andere Ehepartner sich aber im Wirtschaftsleben nicht betätigen könne, etwa weil er im Haushalt tätig sei und die Kinder erziehe. Genauso könne es andersherum ohne besondere stichhaltige Gründe nicht mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar sein, Ehen, in denen ein Partner den überwiegenden Anteil an den gemeinsamen Einkünften erziele, günstiger zu besteuern als Ehen, in denen die Partner gleiche Beiträge zu den Gesamteinkünften leisteten, etwa weil beide eine gleichberechtigte Aufteilung der Erziehungs- und Hausarbeit anstrebten.
III.
28
Zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Organteil des Deutschen Bundestages, der Präsident des Bundesfinanzhofs, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Steuerberaterverband e.V. und der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (gemeinsame Stellungnahme), der Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V., der Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. sowie als sachkundige Dritte Prof. Dr. Hanno Kube (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Roman Seer (Universität Bochum) und Prof. Dr. Henning Tappe (Universität Trier).
29
1. Das Bundesministerium der Finanzen hält das SolZG 1995 in der angegriffenen Fassung für verfassungsgemäß. Insbesondere bestünden weiterhin wiedervereinigungsbedingte Mehrbedarfe in Höhe von rund 13 Milliarden Euro jährlich. Diesen stünden Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag 1995 von zunächst noch 18,7 Milliarden Euro im Jahr 2020, ab dem Jahr 2021 aber nur noch in einer Höhe von rund 11 bis 13 Milliarden Euro jährlich gegenüber.
30
Zu dieser Einschätzung gelangt das Bundesministerium der Finanzen aufgrund eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) in Zusammenarbeit mit dem ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. (ifo Institut). Das Gutachten wurde im April 2020 fertiggestellt und nimmt Entwicklungen auf Basis verschiedener Szenarien bis zum Jahr 2030 in den Blick. Es kommt zusammengefasst zu dem Schluss, dass die Wiedervereinigung immer noch ihre Spuren hinterlasse. Die einzelnen bundesstaatlichen Ebenen seien davon aber in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Direkte, auf die Vereinigung zurückgehende Belastungen könnten für die Länder und Kommunen kaum noch identifiziert werden. Hingegen ließen sich vereinigungsbedingte Mehrbelastungen auch weiterhin auf der Bundesebene feststellen, auch wenn sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Lebensverhältnisse zwischen Ost- und Westdeutschland in den letzten Jahrzehnten stark angenähert hätten. Die Wirtschaftskraft in den ostdeutschen Ländern liege nach wie vor deutlich niedriger als selbst in den strukturschwächeren westdeutschen Ländern.
31
Im Ergebnis beliefen sich die einigungsbedingten überproportionalen Belastungen des Bundes in den Jahren zwischen 2020 und 2030 zusammengefasst auf voraussichtlich jährlich rund 13 Milliarden Euro. Diesen Betrag dürften demgegenüber die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag (unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995) erst in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre übertreffen. Im Gutachten sind die identifizierten vereinigungsbedingten überproportionalen Belastungen des Bundeshaushalts und das ermittelte Aufkommen durch den Solidaritätszuschlag bei Teilabschaffung zum 1. Januar 2021 in den nachfolgend wiedergegebenen Tabellen wie folgt zusammengefasst:
Vereinigungsbedingte überproportionale Belastungen des Bundeshaushalts
- in Millionen Euro -
2020 2025 2030
Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen 1.452 1.665 1.863
Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen
„Kommunale Finanzkraft“ 1.206 1.459 1.715
Überproportionale (Investitions-)Ausgaben des
Bundes 1.731 1.865 2.038
Überproportionale SGB II-Ausgaben des Bundes 1.799 0 0
Überproportionale Ausgaben des Bundes für die
Grundsicherung im Alter 0 0 2
Überproportionale Wohngeldausgaben des Bundes 13 0 0
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz-
Zahlungen des Bundes 2.768 2.950 2.387
Überproportionale Zuschüsse des Bundes an die
Gesetzliche Rentenversicherung 4.567 5.166 5.075
Insgesamt 13.804 13.342 13.080
Solidaritätszuschlag in den Jahren 2021, 2025 und 2030
- in Millionen Euro -
2021 2025 2030
Aufkommen Solidaritätszuschlag bei Teilabschaffung zum 1. Januar 2021 11.394 13.111 17.610
32
2. Die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Steuerberaterverband e.V. und der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., der Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V., der Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. sowie Prof. Dr. Hanno Kube (Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Roman Seer (Universität Bochum) halten die Verfassungsbeschwerde im Ergebnis für zulässig und begründet (so tendenziell auch die Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer). Insbesondere erachten sie die Weitererhebung des Solidaritätszuschlags nach Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 übereinstimmend für verfassungswidrig.
33
a) Verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG sei ein besonderer Finanzbedarf des Bundes („fiskalische Ausnahmelage“). Wenn sich dieser Sonderbedarf in eine allgemeine Finanzierungslücke umwandele („fiskalische Normallage“), dürfe der Bund keine Ergänzungsabgabe mehr erheben. Vielmehr sei er dann verpflichtet, eine grundlegende Anpassung des Finanzausgleichssystems mit den Ländern anzustreben. Konkret für den Fall des SolZG 1995 habe zunächst unzweifelhaft ein Sonderbedarf des Bundes im Hinblick auf wiedervereinigungsbedingte Lasten bestanden. Spätestens jedoch mit dem Auslaufen des Solidarpakts II sei eine fiskalische Normallage eingetreten. Die insoweit vom Gesetzgeber des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 angeführten Gründe für eine Weitererhebung (vgl. BTDrucks 19/14103, S. 1) änderten daran nichts, weil es sich bei den dort genannten Finanzierungslasten um Daueraufgaben und nicht mehr um vorübergehende Bedarfsspitzen handele.
34
b) Weiter erheben die genannten Verbände und sachkundige Dritte überwiegend verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf den von ihm bejahten fortbestehenden besonderen Finanzbedarf des Bundes nur eine eng begrenzte Personengruppe mit dem Solidaritätszuschlag belaste. Es handele sich insoweit um einen verfassungswidrigen „Formenmissbrauch“, da es der Sache nach um keine Sonderbedarfsdeckung, sondern um eine sozialpolitisch motivierte Korrektur der allgemeinen einkommensteuerlichen Belastungen gehe. Dadurch werde auch das Zustimmungserfordernis des Bundesrats nach Art. 105 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 106 Abs. 3 GG unterlaufen.
35
3. Demgegenüber gehen die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und Prof. Dr. Henning Tappe (Universität Trier) davon aus, dass die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Insbesondere sei für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe kein besonderer Finanzbedarf des Bundes zu fordern; ein allgemeiner Finanzbedarf reiche insoweit aus. Selbst wenn man das Gegenteil annähme, bestünden immer noch wiedervereinigungsbedingte Mehrbedarfe des Bundes, welche die Erhebung des Solidaritätszuschlags rechtfertigten. Eine rechtserhebliche Verknüpfung zwischen dem Solidarpakt II und dem SolZG 1995 bestehe nicht. Die durch die Ausweitung der Freigrenzen bewirkte Herausnahme einer Vielzahl von Abgabepflichtigen sei durch das Sozialstaatsprinzip gerechtfertigt.
36
4. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat in seiner Stellungnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. Januar 2023 - IX R 15/20 -, BFHE 279, 403 verwiesen.
IV.
37
Der Senat hat am 12. November 2024 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft haben. Als sachkundige Dritte sind neben Prof. Dr. Hanno Kube (Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Henning Tappe (Universität Trier) auch Dr. Stefan Bach (DIW Berlin) und Prof. Reint E. Gropp, Ph.D. (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle) angehört worden.
38
Dr. Stefan Bach hat im Vorgriff auf die mündliche Verhandlung eine Aktualisierung der in dem im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen erstellten Gutachten bezifferten vereinigungsbedingten überproportionalen Belastungen des Bundeshaushalts und des Aufkommens des Solidaritätszuschlags vorgelegt. Danach verringern sich die ermittelten vereinigungsbedingten überproportionalen Belastungen des Bundes im Jahr 2020 um 1,08 Milliarden Euro und im Jahr 2025 um 664 Millionen Euro. Im Jahr 2030 steigen sie dagegen um 945 Millionen Euro an. Das Aufkommen aus der Erhebung des Solidaritätszuschlags soll nach dieser aktualisierten Ermittlung in dem Zeitraum von 2021 bis 2030 geringer anzusetzen sein als im Gutachten angenommen. Im Jahr 2021 sei eine Verringerung von 366 Millionen Euro zu verzeichnen. Für das Jahr 2025 soll sich das prognostizierte Aufkommen um 611 Millionen Euro reduzieren und im Jahr 2030 soll schließlich das erwartete Aufkommen um 1,96 Milliarden Euro schrumpfen. Prof. Reint E. Gropp, Ph.D. hat das Gutachten für in sich schlüssig gehalten, aber dessen Grundannahmen zur Frage der Wiedervereinigungsbedingtheit der angesetzten überproportionalen Mehrausgaben für die neuen Länder in Zweifel gezogen.
B.
39
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
I.
40
Die Beschwerdebefugnis ist bei sämtlichen Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern gegeben, soweit sie eine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG beziehungsweise der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG rügen. Dagegen ist eine Beschwerdebefugnis, soweit eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG und weiter ein Verstoß gegen die horizontale Steuergerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemacht wird, nicht hinreichend dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Letzteres berührt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde insgesamt jedoch nicht, da die erhobenen Rügen denselben Streitgegenstand betreffen (vgl. BVerfGE 151, 202 - Europäische Bankenunion).
41
1. Die Beschwerdebefugnis setzt die hinreichend begründete Behauptung voraus, durch einen Akt der öffentlichen Gewalt in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein. Dazu müssen sowohl die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung (2.) als auch die eigene, unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit (3.) in einer den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargelegt sein (vgl. BVerfGE 159, 355 - Bundesnotbremse II (Schulschließungen)). Zu den Anforderungen an die Begründung der Verfassungsbeschwerde gehört, das als verletzt behauptete Recht zu bezeichnen und den seine Verletzung enthaltenden Vorgang substantiiert und konkret bezogen auf die eigene Situation darzulegen. Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein sollen (vgl. BVerfGE 159, 223 m.w.N. - Bundesnotbremse I (Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen)).
42
2. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer haben eine mögliche Verletzung ihrer Grundrechte durch das SolZG 1995 zumindest teilweise hinreichend dargelegt.
43
a) Sie haben substantiiert und schlüssig ausgeführt, dass das angegriffene Gesetz sie in ihrer Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG beziehungsweise in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzen könnte. Dabei haben sie sich sowohl mit der Rechtsprechung des Senats zum Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG im Falle der Erhebung von Steuern, die – wie etwa die Gewerbe- und Einkommensteuer – an den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfen (vgl. BVerfGE 115, 97 ; 162, 325 - Zinsen Kernbrennstoffsteuer), als auch mit den vom Bundesverfassungsgericht zum Typus der Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG entwickelten Maßstäben (vgl. BVerfGE 32, 333) auseinandergesetzt. Auch soweit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Anhebung der Freigrenzen für bestimmte Abgabepflichtige und die damit verbundene soziale Staffelung des Solidaritätszuschlags gerügt wird, ist die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung noch hinreichend dargelegt.
44
b) Dagegen genügt die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich des weiter geltend gemachten Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 GG nicht den an sie zu stellenden Begründungsanforderungen. Insoweit wird bereits unabhängig von den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer (vgl. Rn. 50) nicht hinreichend deutlich, weshalb auf der Grundlage gefestigter verfassungsrechtlicher Maßstäbe eine Verletzung dieses Grundrechts in Betracht kommen sollte.
45
aa) Neben dem Diskriminierungsverbot von Ehen gegenüber anderen Lebensgemeinschaften (vgl. BVerfGE 76, 1 ; 99, 216 ; 114, 316 ) folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG auch, dass der Gesetzgeber Regelungen zu vermeiden hat, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl. BVerfGE 87, 234 ; 107, 27 ; 133, 377 ; stRspr). In diesen Bereich fällt auch die Entscheidung darüber, ob ein Ehegatte sich ausschließlich dem Haushalt widmen oder beruflich tätig sein und eigenes Einkommen erwerben will (vgl. BVerfGE 21, 329 ; 107, 27 ; 133, 377 ; stRspr). Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sehen hieran anknüpfend einen solchen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Ehegatten darin, dass das SolZG 1995 durch seine Freigrenzen in bestimmten Kon-stellationen Anreize gebe, die Aufgabenverteilung in der Ehe in Richtung eines Zuverdienermodells auszugestalten.
46
bb) In der Tat führen die Freigrenzen im Veranlagungszeitraum 2021 bei einem zu versteuernden Gesamteinkommen der Ehegatten in einem Bereich von 160.000 Euro bis 373.000 Euro dazu, dass Ehegatten mit unterschiedlich hohen Einkommen (konkret muss das geringere zu versteuernde Einkommen zwischen etwa 45.000 Euro und 96.000 Euro liegen, das höhere zwischen circa 100.000 Euro und 304.000 Euro) bei Wahl der Einzelveranlagung (§ 26a EStG) einen Steuervorteil in Höhe von bis zu 932 Euro (vgl. Stiller, FR 2023, S. 385 ) gegenüber der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) erzielen können. Dagegen steht dieser Steuervorteil Ehegatten mit demselben Gesamteinkommen, das sich aber aus zwei gleich hohen Einzeleinkommen der Ehegatten zusammensetzt, nicht offen, und zwar unabhängig davon, ob sie Einzel- oder Zusammenveranlagung wählen (vgl. Stiller, FR 2023, S. 385 ; Broer, Wirtschaftsdienst 2019, S. 697 ).
47
cc) Allerdings ist nicht ansatzweise dargelegt oder sonst ersichtlich, inwieweit ein jährlicher Steuervorteil von weniger als 1.000 Euro Ehepaare mit Einkommen in der genannten Höhe realistischerweise veranlassen könnte, ihre auf die Einkommenserzielung bezogene Aufgabenverteilung zu überdenken. Überdies setzt der Eintritt des Vorteils voraus, dass selbst der Ehegatte mit dem niedrigeren zu versteuernden Einkommen ein solches in beträchtlicher Höhe erzielt, was in der Regel nur mit einer Vollzeittätigkeit gelingen dürfte. Dann besteht aber auch nicht die Gefahr einer substantiellen Verschiebung der jeweiligen Aufgaben zwischen den Ehegatten. Schließlich kommt hinzu, dass für einen umfassenden Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung neben den für die soeben geschilderte Begünstigung relevanten Gesichtspunkten des Ehegattensplittings (§ 32a Abs. 5 EStG) und der Freigrenzen des SolZG 1995 noch weitere Aspekte entscheidend sind (z.B. das Vorliegen negativer Einkünfte oder die Anwendung des Progressionsvorbehalts, vgl. Paus, EStB 2016, S. 74 ).
48
c) Der von den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern ferner gerügte Verstoß gegen das Gebot horizontaler Steuergerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Sie haben insoweit einen Vergleich zwischen Ehepaaren mit gleichen und ungleichen Anteilen am Gesamteinkommen angestellt. Eine solche Gegenüberstellung ist jedoch kein sachgerechter, am System des Einkommensteuerrechts orientierter Vergleichstatbestand (vgl. BVerfGE 9, 237 ). Das Einkommensteuerrecht beruht auf dem Grundsatz der Individualbesteuerung und ist auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin angelegt (vgl. BVerfGE 6, 55 ; 9, 237 ; 82, 60 ; 107, 27 ). Beruht aber das System der Einkommensteuer nicht auf der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare, sondern auf der der einzelnen Steuerpflichtigen, dann kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht die steuerliche Belastung von Ehepaaren, sondern nur von einzelnen Steuerpflichtigen miteinander verglichen werden (vgl. BVerfGE 9, 237 ).
49
3. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer haben auch hinreichend dargelegt, durch das angegriffene Gesetz selbst (a) und gegenwärtig (b) betroffen zu sein (vgl. BVerfGE 109, 279 ; 115, 118 ; 123, 267 ; 140, 42 ). Eine unmittelbare Betroffenheit ist zwar nicht gegeben; die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer können sich aber auf eine Ausnahme von diesem Erfordernis berufen (c).
50
a) Selbstbetroffenheit liegt vor, wenn der Beschwerdeführer Adressat der Norm ist (vgl. BVerfGE 102, 197 ; 140, 42 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer haben durch Vorlage der an sie gerichteten Vorauszahlungsbescheide für den Solidaritätszuschlag ausreichend belegt, dass sie nach dem angegriffenen Gesetz im Jahr 2020 und auch ab dem Jahr 2021 weiterhin abgabepflichtig waren und sie damit hinsichtlich einer möglichen Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG selbst betroffen sind. Ausweislich der eingereichten Vorauszahlungsbescheide wurden gegen sie jeweils mit Wirkung ab dem Jahr 2020 Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag festgesetzt. Sofern die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG und einen Verstoß gegen die horizontale Steuergerechtigkeit geltend gemacht haben, haben sie hingegen nicht dargelegt, dass sie von den insoweit grundrechtlich allein geschützten Konstellationen (vgl. Rn. 44 ff., 48) selbst betroffen sind.
51
b) Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer waren zu dem insoweit zunächst maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfGE 159, 223 ; 161, 299 - Impfnachweis (COVID-19)) auch gegenwärtig betroffen.
52
aa) Gegenwärtig ist die Betroffenheit, wenn die angegriffene Vorschrift auf die Rechtsstellung des Beschwerdeführers aktuell und nicht nur potentiell einwirkt, wenn das Gesetz die Normadressaten mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen ist, dass und wie der Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein wird (vgl. BVerfGE 97, 157 ; 102, 197 ; 114, 258 ; 140, 42 ). Allein die vage Aussicht, dass er irgendwann einmal in der Zukunft von der beanstandeten Gesetzesvorschrift betroffen sein könnte, genügt hingegen nicht (vgl. BVerfGE 141, 121 ; 158, 210 - Einheitliches Patentgericht II - eA; 159, 223 ; 161, 299 ).
53
bb) Mit der Vorlage der jeweiligen Vorauszahlungsbescheide für den Solidaritätszuschlag haben die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer ihre gegenwärtige Betroffenheit durch das angegriffene Gesetz im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht nur für das Jahr 2020, sondern auch darüber hinaus hinreichend belegt. Der Umstand, dass die von den Beschwerdeführern zu 1. und zu 4. mit der Verfassungsbeschwerde vorgelegten Vorauszahlungsbescheide noch nicht die durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 ab dem Veranlagungszeitraum 2021 geänderte Rechtslage berücksichtigen, ist unschädlich. Denn aufgrund der Einkommensverhältnisse der beiden Beschwerdeführer ist davon auszugehen, dass sie auch ab dem Veranlagungszeitraum 2021 Solidaritätszuschlag zahlen.
54
c) Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer haben auch in hinreichender Weise eine Ausnahme von dem Erfordernis der unmittelbaren Betroffenheit dargelegt.
55
aa) Eine unmittelbare Betroffenheit setzt grundsätzlich voraus, dass die Einwirkung auf die Rechtsstellung des Betroffenen nicht erst vermittels eines weiteren Akts bewirkt wird oder vom Ergehen eines solchen Akts abhängig ist (vgl. BVerfGE 115, 118 ; 125, 39 ; 126, 112 ; 140, 42 ). Setzt das Gesetz zu seiner Durchführung rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen besonderen, vom Willen der vollziehenden Gewalt beeinflussten Vollzugsakt voraus, so kann sich die Verfassungsbeschwerde nur gegen diesen als den unmittelbaren Eingriff in die Rechte des Einzelnen richten, und der Beschwerdeführer hat einen gegen den Vollzugsakt etwa gegebenen Rechtsweg zu erschöpfen, bevor er die Verfassungsbeschwerde erhebt (vgl. BVerfGE 1, 97 ; 72, 39 ; 90, 128 ; 93, 319 ; 109, 279 ; 110, 370 ). Das SolZG 1995 ist nicht selbstvollziehend, sondern bedarf der Umsetzung durch Steuerbescheide. Solche waren zum Zeitpunkt der Einreichung der Verfassungsbeschwerde in Form von Vorauszahlungsbescheiden gegenüber den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern ergangen. Hiergegen hätten diese den finanzgerichtlichen Rechtsweg beschreiten können.
56
bb) Gleichwohl scheitert die Verfassungsbeschwerde hier nicht daran, dass die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer dies unterlassen haben. Denn in Anbetracht der besonderen Umstände des Falles greift vorliegend eine Ausnahme vom Erfordernis der unmittelbaren Betroffenheit.
57
(1) Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit beruht auf dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden und dieser Vorschrift zugrundeliegenden Gedanken der Subsidiarität (vgl. BVerfGE 72, 39 ; 137, 108 ). Der Grundsatz der Subsidiarität ist ausnahmsweise ohne Ergreifen fachgerichtlicher Rechtsbehelfe gewahrt, soweit es Beschwerdeführern unzumutbar wäre, fachgerichtlichen Rechtsschutz suchen zu müssen (vgl. BVerfGE 115, 118 ; 142, 234 ; 150, 309 ). Einen Rechtsbehelf ergreifen zu müssen, kann unter anderem dann unzumutbar sein, wenn dies im Hinblick auf eine entgegenstehende Rechtsprechung oder aus sonstigen Gründen offensichtlich aussichts- oder sinnlos erscheint (vgl. BVerfGE 70, 180 ; 102, 197 ; 150, 309 ). In solchen Fällen ist nicht nur eine Ausnahme vom Grundsatz der Subsidiarität geboten, vielmehr ist ausnahmsweise auch die unmittelbare Betroffenheit eines Beschwerdeführers durch eine angegriffene Regelung trotz deren Vollzugsbedürftigkeit anzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. Dezember 2020 - 1 BvR 2692/20 -, Rn. 7).
58
(2) Vorliegend kann den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern spätestens seit dem Erlass des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 17. Januar 2023 - IX R 15/20 -, BFHE 279, 403 nicht mehr entgegengehalten werden, es sei ihnen zumutbar gewesen, zunächst den finanzgerichtlichen Rechtsweg zu durchlaufen. Der Bundesfinanzhof, der schon bislang in gefestigter Rechtsprechung den Solidaritätszuschlag unter Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung BVerfGE 32, 333 zu den Anforderungen an eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG entwickelten Maßstäbe für verfassungsgemäß gehalten hatte (vgl. etwa BFH, Urteile vom jeweils 21. Juli 2011 - II R 50/09 -, juris; - II R 52/10 -, BFHE 234, 250 ; BFH, Urteile vom jeweils 14. November 2018 - II R 63/15 -, BFHE 266, 133; - II R 64/15 -, BFHE 263, 35 ), hat sich in seinem Urteil vom 17. Januar 2023 - IX R 15/20 -, BFHE 279, 403 eingehend mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des SolZG 1995 in der angegriffenen Fassung befasst und ist zu der Einschätzung gelangt, dass die Weitererhebung dieses Zuschlags auch für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. Mit der Verfassungsbeschwerde werden keine zusätzlichen Gesichtspunkte geltend gemacht, die nicht bereits in der genannten Entscheidung eine Rolle gespielt hätten. Die Anrufung der Fachgerichte gegen die ergangenen Steuerbescheide wäre mithin offensichtlich aussichtslos gewesen und ist den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern daher nicht zumutbar.
II.
59
Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer haben auch die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde eingehalten.
60
1. Eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde ist nach § 93 Abs. 3 BVerfGG binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des angegriffenen Gesetzes zu erheben. Dagegen ist die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde wegen gesetzgeberischen Unterlassens nicht an eine Frist gebunden; allerdings gilt dies nur im Falle eines echten Unterlassens, wenn also der Gesetzgeber im Hinblick auf einen verfassungsrechtlichen Auftrag, der auch in der Verpflichtung zur Nachbesserung bestehen kann, gänzlich untätig geblieben ist (vgl. BVerfGE 56, 54 ; 58, 208 ; 69, 161 ; 77, 170 ). Enthält ein Gesetz hingegen eine Regelung zu den geltend gemachten Ansprüchen, hat der Gesetzgeber es nicht „unterlassen“, über diese Ansprüche zu entscheiden (sog. unechtes Unterlassen; vgl. BVerfGE 13, 284 ; 29, 268 ; 56, 54 ). Wer eine solche Regelung als unzureichend bewertet, ist gehalten, sie im Rahmen der Anfechtung eines Vollzugsakts oder − sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen − unmittelbar mit einer Verfassungsbeschwerde innerhalb der maßgeblichen Frist anzugreifen (vgl. BVerfGE 56, 54 ).
61
2. Gemessen hieran handelt es sich bei dem von den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern angegriffenen Gesetz nicht um einen Fall des echten gesetzgeberischen Unterlassens. Im Jahr 2019 wurde die von ihnen beziehungsweise ihrer Bundestagsfraktion geforderte vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags 1995 mit Auslaufen des Solidarpakts II erneut zum Gegenstand politischer Debatten gemacht. Der Gesetzgeber folgte diesem Begehren jedoch nicht, sondern wählte eine andere Lösung. Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10. Dezember 2019 (Inkrafttreten am 13. Dezember 2019) entschied er, den Solidaritätszuschlag 1995 im Jahr 2020 noch vollständig (weiter) zu erheben und anschließend (ab dem Jahr 2021) nur noch bestimmte Steuerpflichtige mit dem Zuschlag zu belasten. Der Gesetzgeber hat mit diesem Gesetz nicht nur die bisher bestehenden Regelungen des SolZG 1995 nach dem Auslaufen des Solidarpakts II für das Jahr 2020 (erneut) in seinen Willen aufgenommen, sondern hat sie (ab dem Jahr 2021) − für bestimmte Steuerpflichtige im Vergleich zu nunmehr von dieser Ergänzungsabgabe ausgenommenen Einkommensteuerpflichtigen unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nachteilig − verändert. Gegen beide − vom Gesetzgeber letztlich in einen untrennbaren Zusammenhang gestellten − Entscheidungen wenden sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer. Somit ist für die Verfassungsbeschwerde insgesamt die ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 zu bemessende Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG maßgebend (vgl. BVerfGE 78, 350 ; 111, 382 ; 131, 316 ). Diese Frist ist mit der am 24. August 2020 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde gewahrt.
C.
62
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Das SolZG 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 verletzt die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG (I.). Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (II.) liegt nicht vor.
I.
63
Die in Art. 14 Abs. 1 GG verbürgte Eigentumsgarantie der Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer ist nicht verletzt. Das SolZG 1995 ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung dieses Grundrechts (1.) gerechtfertigt (2.).
64
1. Das angegriffene Gesetz stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.
65
a) Der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 24, 367 ; 104, 1 ; 164, 76 - Körperschaftsteuerminderungspotenzial II; 164, 139 - Körperschaftsteuerminderungspotenzial III). Zu diesem Zweck soll der Bestand der geschützten Rechtspositionen gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt bewahrt werden (vgl. BVerfGE 83, 201 ; 164, 76 ; 164, 139 ). Unter den Schutz der Eigentumsgarantie fallen grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigener Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (vgl. BVerfGE 112, 93 ; 115, 97 ; 123, 186 ; 126, 331 ; 162, 325 ; 164, 76 ; 164, 139 ). Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz umfasst damit zwar erheblich mehr als den Schutz des zivilrechtlichen Eigentums und erstreckt sich auch auf nicht dingliche vermögenswerte Rechtspositionen (vgl. BVerfGE 95, 267 ; 162, 325 ). Er bleibt aber an Rechtspositionen gebunden (vgl. BVerfGE 95, 267 ; 162, 325 ). Kein Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG ist das Vermögen, das selbst kein Recht, sondern den Inbegriff aller geldwerten Güter einer Person darstellt (vgl. BVerfGE 74, 129 ; 91, 207 ; 95, 267 ; 153, 182 - Suizidhilfe; 162, 325 ; stRspr).
66
aa) Art. 14 Abs. 1 GG schützt daher grundsätzlich nicht vor der staatlichen Auferlegung von Geldleistungspflichten (vgl. BVerfGE 81, 108 ; 89, 48 ; 91, 207 ; 95, 267 ; 96, 375 ; 162, 325 ). Diese sind nicht mittels eines bestimmten Eigentumsobjekts zu erfüllen, sondern werden aus dem fluktuierenden Vermögen bestritten (vgl. BVerfGE 95, 267 ; 162, 325 ). Etwas anderes kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass sie eine erdrosselnde Wirkung haben (vgl. BVerfGE 78, 214 ; 78, 232 ; 81, 108 ; 95, 267 ; 162, 325 ).
67
bb) Lediglich für Steuern, die – wie etwa die Gewerbe- und die Einkommensteuer – an den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfen, hat der Senat entschieden, dass es sich um einen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG handelt (vgl. BVerfGE 115, 97 ; 162, 325 ). Ist es Sinn der Eigentumsgarantie, das private Innehaben und Nutzen vermögenswerter Rechtspositionen zu schützen, greift auch ein Steuergesetz in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie ein, wenn der Steuerzugriff tatbestandlich an das Innehaben von vermögenswerten Rechtspositionen anknüpft und so deren privaten Nutzen zugunsten der Allgemeinheit einschränkt (vgl. BVerfGE 115, 97 ; 162, 325 ). Das Steuergesetz stellt sich insoweit als rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 115, 97 ; 162, 325 ).
68
b) Bemessungsgrundlage des SolZG 1995 ist die – in verschiedenen Formen erhobene – Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer (vgl. § 3 Abs. 1 SolZG). Das Gesetz knüpft somit (mittelbar) an den Hinzuerwerb oder das Innehaben vermögenswerter Rechtspositionen an und stellt sich folglich nach den beschriebenen Maßstäben als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.
69
2. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist nur dann verfassungsgemäß, wenn sie sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz in Einklang steht (vgl. BVerfGE 34, 139 ; 52, 1 ; 62, 169 ; 102, 1 ; 110, 1 ). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kompetenznormen des Grundgesetzes nicht nur festlegen, welcher Gesetzgeber (Bund oder Land) zum Erlass einer Regelung zuständig ist, sondern zugleich auch den Umfang der Regelungsbefugnis bestimmen (vgl. BVerfGE 34, 139 ; 55, 274 ). Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird das angegriffene Gesetz gerecht. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG folgt aus Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG; die sich aus dem Typusbegriff einer Ergänzungsabgabe ergebenden Voraussetzungen für eine fortdauernde Erhebung des Solidaritätszuschlags sind bislang nicht evident entfallen (a). Das angegriffene Gesetz genügt zudem in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben (b).
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a) Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 im Dezember 2019 kam dem Bundesgesetzgeber nach den finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen die Gesetzgebungskompetenz für die (modifizierte) Fortführung des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2020 zu. Die finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe sind auch seither (noch) nicht evident entfallen. Für die in Art. 105 und Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten sind die vom Grundgesetz verwendeten Typusbegriffe maßgebend (aa). Hinsichtlich des Steuertypus der Ergänzungsabgabe kann ein evidenter Wegfall der für ihre Erhebung erforderlichen Voraussetzungen den Gesetzgeber verpflichten, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen (bb). Daher kommt es maßgeblich darauf an, welche Merkmale eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG prägen und ob diese zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuergesetzes vorlagen und auch heute noch nicht evident entfallen sind (cc). Im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 am 10. Dezember 2019 hatte der Bund die dafür erforderliche Gesetzgebungskompetenz; er ist von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, das SolZG 1995 wegen eines späteren evidenten Wegfalls des angeführten aufgabenbezogenen Mehrbedarfs aufzuheben (dd).
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aa) Nach Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern (d.h. Steuern, die neben den gemäß Art. 105 Abs. 1 GG der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes unterliegenden Zöllen und Finanzmonopolen sowie der in Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG als weiterer Gegenstand konkurrierender Gesetzgebung erwähnten Grundsteuer erhoben werden), wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG steht dem Bund das Aufkommen aus der Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer zu.
72
Für die in Art. 105 und Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten verwendet das Grundgesetz Typusbegriffe (vgl. BVerfGE 145, 171 ). Bei den Einzelsteuerbegriffen der Art. 105 GG und Art. 106 GG kommt es für die Typusbildung auf die Sicht des traditionellen deutschen Steuerrechts an (vgl. BVerfGE 7, 244 ; 14, 76 ; 110, 274 ; 123, 1 ; 145, 171 ). Es sind diejenigen Merkmale zu ermitteln, die eine Steuer oder Steuerart nach dem herkömmlichen Verständnis typischerweise aufweist und − mit Blick auf die abgrenzende Funktion der Einzelsteuerbegriffe − zu ihrer Unterscheidung von anderen Steuern und Steuerarten notwendig sind (vgl. BVerfGE 145, 171 ). Neue Steuern sind auf ihre Kongruenz mit den aus hergebrachter Sicht typusprägenden Merkmalen der Einzelsteuerbegriffe der Art. 105 GG und Art. 106 GG zu prüfen (vgl. BVerfGE 145, 171 ). Innerhalb der durch Art. 105 GG und Art. 106 GG vorgegebenen Typusbegriffe verfügt der Gesetzgeber über eine weitgehende Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerfGE 145, 171 ). Änderungen bestehender Steuergesetze oder die Erschließung neuer Steuerquellen sind unter dem Blickpunkt der Zuständigkeitsverteilung zumindest so lange nicht zu beanstanden, wie sie sich im Rahmen der herkömmlichen Merkmale der jeweiligen Steuern halten (vgl. BVerfGE 31, 8 ; 145, 171 ). Eine wie der Solidaritätszuschlag 1995 unter der Bezeichnung „Ergänzungsabgabe“ eingeführte Steuer darf also den Vorstellungen nicht widersprechen, die der verfassungsändernde Gesetzgeber erkennbar mit dem Charakter einer solchen Abgabe verbunden hat (vgl. BVerfGE 32, 333 ).
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bb) Welche verfassungsrechtlichen Auswirkungen es hat, wenn eine vom Bundesgesetzgeber ursprünglich in kompetenzrechtlich zulässiger Weise eingeführte Steuer aufgrund nachträglicher Veränderungen aus dem Rahmen der herkömmlichen Merkmale dieser Steuer herausfällt, hat das Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht entschieden. Hinsichtlich des vorliegend relevanten Steuertypus der Ergänzungsabgabe ist davon auszugehen, dass ein evidenter Wegfall der für ihre Erhebung erforderlichen Voraussetzungen eine Verpflichtung des Gesetzgebers begründet, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen.
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(1) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem grundlegenden Beschluss aus dem Jahr 1972 zur Ergänzungsabgabe hervorgehoben, dass die Entscheidung darüber, welche Aufgaben in Angriff genommen und wie diese finanziert werden sollen, zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers gehöre und sich grundsätzlich der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts entziehe. Ausdrücklich offengelassen hat es dagegen die sich im Anschluss daran stellende Frage, ob sich angesichts des weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Aufhebung der Ergänzungsabgabe ergeben würde, wenn die Voraussetzungen für die Erhebung dieser Abgabe evident entfielen, etwa weil die dem Bund im
5478. Mirko Fraund - 12.07.2015 20:16 -
Hallo und Servus liebe Bayern Fans.
Seit März 2015 bin ich mit meiner Homepage: www.fcb-fanstatistik.de Online. Hierbei handelt es sich um eine private Fanseite mit Statistiken rund um den FC Bayern.
Bin seit ca. Juli 2014 daran, diese interessante Homepage aufzubauen. Stets aktuell und sehr informativ.
Reinschauen lohnt sich daher zu jeder Zeit.
Für Tipps zur Verbesserung der Seiten würde ich mich freuen, wenn Ihr mir über die Kontaktdaten eine Rückmeldung zukommen lasst.
Schöne grüße aus Bad Honnef / Aegidienberg sendet Euch der Webmaster von www.fcb-fanstatistik.de
5477. Torsten - 01.12.2014 12:31 -
BVB Abstiegscountdown :-)
http://www.bvb-countdown.de/
5476. Lisa - 21.08.2014 11:47 -
Ich freue mich schon auf den Start der neuen Bundesliga-Saison. Das werden "wir" ja wohl wieder schaffen...!!!
Lisa
5475. Leon Haupt - 01.06.2014 19:32 -
Hallo. Wollte fragen ob jmd karten für Das DFB Pokalspiel SC Preussen Münster gg Bayern ??
Gruss Leon
5474. Horst - 15.03.2014 15:58 -
Kennt Ihr das supergeile neue Uli Hoeneß-Lied, ATEMLOS IN DEN KNAST !!??
Müsste auch noch ein Lied über Rolex-Schmuggel und Hausabfackeln geben, ich lach mich tot
5473. Karl-Heinz - 21.11.2013 18:09 -
@Ulli:
Liegt ganz daran wie schlau der Schiedsrichter ist: einige geben sich mit 2 Spiegeleier und einer Scheibe Leberkäse zufrieden, andere haben ein Nummerkonto in der Schweiz ;-)
5472. Ulli - 21.11.2013 17:29 -
Wieviel zahlt der FCB den Schidsrichtern immer ?
5471. Uli vom Fanclub Asbeck - 17.09.2013 21:14 -
Für das CL-Spiel Manchester City - FC Bayern am Mittwoch, 2. Oktober haben wir 8 Karten erhalten.
Mitfahrtangebot des Bayern-Fanclubs Steinfurt-Fanatics:
Zum BL-Spiel FC Bayern - Mainz 05 am Samstag, 19. Oktober bietet der Fanclub Steinfurt eine Bustour an.
Preis für Busfahrt, incl. Getränke, Karte und Übernachtung für 120 bis 150 €.
Genügend Plätze für Nichtmitglieder sind noch frei! Anmeldeschluß am kommenden Samstag!
Infos bei Marco Torge unter 0176 3121 2359 oder unter https://de-de.facebook.com/steinfurtfanatics
5470. Coesfelder Fan - 12.09.2013 12:06 -
Hallo Bayern Fans!
Habe vier Karten für Bayern - Moskau ergattern können. Bekomme nun leider keinen Urlaub... Vier zusammen liegende Tribünenkarten a 50 € für Block 217. Bei Interesse bitte melden!
5469. Jonas - 05.09.2013 14:25 -
Hallo liebe FCB Gemeinschaft, ich habe 2 tickets für das CL Gruppenheimspiel gegen Moskau. Kann aber leider aus berruflichen Gründen nicht selber nach München reisen. Deswegen möchte ich die Tickets abgeben. 180 euro kosten die Tickets mit Versand. Kat. 1 Block 229 Bei interesse bitte melden. Mfg Jonas
5468. hilgenberg uwe - 28.08.2013 11:48 -
hallo ich suche noch 3karten für das auawärts spiel in leverkusen könnt ihr mir dabei helfen
5467. Philipp - 18.06.2013 14:16 -
mal ansehen:
http://vimeo.com/67071823
5466. heinz - 23.05.2013 09:08 -
mal reinhören
http://www.youtube.com/watch?v=wvFk_E8PfFg
5465. andy - 21.05.2013 18:36 -
hallo die guten taten von uli hat das spricht jetzt keiner mehr von ich möchte nicht wissen was andere manager alles so zu verbergen haben grüsse aus hessen
5464. Ochtruper - 10.05.2013 21:52 -
Wer zwei Wembley-Karten aus der BVB-Kurve gegen 2 in der Bayern-Kurve tauschen möchte, bitte melden per sms unter 0162-6666150
(tausch bitte nur vor ort)
5463. Torsten - 24.04.2013 13:59 -
Das ist einfach Klasse, so müßte mal der Reif kommentieren.
http://www.youtube.com/watch?v=-P5RAoETsq0
5462. - 23.04.2013 18:26 -
Hallo!
Warum holt ihr Bayern euch Mario Goetze fuer die naechste Saison?
Lasst die Finger von Mario Goetze und gebt ihn uns zurueck.
Ihr habt ihn doch nur fuer die Bank gekauft damit er auf der Bank sitzt.
Marco Reus wird in Zukunft traurig sein wenn Mario Goetze nicht mehr spielt.
Ihr seid fuer die Zweite Liga reif und ihr habt nur einen dummen wuerstchen Hoeneß.
Ihr wollt doch naechstes Jahr alle drei Titel und euer neuer Trainer den koennt ihr in die Tonne Kloppen.
Mario Goetze wollen wir wieder haben.
5461. Schluchti - 23.04.2013 12:21 -
Die Leute die sich jetzt aufregen da sollte man nachschauen ob da alles in Ordnung ist
5460. Schalker - 22.04.2013 21:08 -
Dem FC Bayern soll die Meisterschaft aberkannt werden, da sie nur durch Steuerhinterziehung Spieler kaufen konnten !
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Unsere diesjährige Weihnachtsfeier findet am Sa. 20.12.25 im DGH statt.